Tanzen gegen (die) Armut


Die Kampagne „Tanzen gegen (die) Armut“ fusioniert Fotografie mit Tanz und Gesellschaftspolitik.

TänzerInnen aller Altersstufen, nationalen Zugehörigkeiten und Einkommen setzen in der von ihnen vertretenen Tanzdisziplin ein Zeichen gegen Armut und für eine gerechte Umverteilung unserer Güter. 

 

Armut beschämt, macht klein und krank. Von Armut Betroffene haben eine dramatisch kürzere Lebenserwartung, die von vier bis zu dreißig Jahren (Obdachlose) reicht. Das „Hamsterrad im Kopf“ ist eine unter ExpertInnen gängige Metapher für den Dauerstress der Betroffenen, der nachweislich höher ist als der Stress von SpitzenmanagerInnen. Die seelischen Wunden, die geschlagen werden, sind existenziell und der Handlungsspielraum der Betroffenen, ihre Teilhabe an der Gesellschaft, massiv eingeschränkt.

Besonders dramatisch sind Armutserfahrungen in der Kindheit, da sie die kognitiven, emotionalen und physischen Entwicklungen hemmen und das weitere Leben nachhaltig prägen (Die Armutskonferenz).

 

Tanzen hingegen zentriert und harmonisiert. Der Körper in seiner zeitlosen Schönheit, Zerbrechlichkeit, Dynamik und Durchlässigkeit macht die inneren Monologe der TänzerInnen sichtbar. Die Symbiose von Körper, Geist und Seele gibt Halt und Orientierung, findet die Verbindung zur Welt und feiert das Leben. 

Tanzen reduziert Stress und Depressionen, generiert Energie und die Ausschüttung von Serotonin. Tanzen stärkt Muskeln, Knochen und Herz, fördert Spontanität, Sexualität, Charisma und reduziert die Gefahr, an Demenz zu erkranken um bis zu 76% (Albert Einstein College of Medicine, NY).

 

Fotos sind aus der Zeit gefischte Momente. Sie ermöglichen uns, ZeugInnen zu sein, Mitwissende, auch Genießende und emanzipieren uns von Zeit und Raum. Sie können Träger von Botschaften sein, verdichtete Bewegung und Erinnerung. 

 

Die, im Titel erkennbare, Anspielung auf die Tatsache, dass die Armut weiblich ist, im Gegensatz zum Reichtum, dem ein männlicher Artikel zu eigen ist, führt außerdem den Diskurs der Frauenbewegung weiter, die heute wieder massiv mit Imageproblemen zu kämpfen hat. Natürlich wissen wir, dass viele Männer, insbesondere auf der Straße, von Armut betroffen sind, das täuscht uns jedoch nicht über die Tatsache hinweg, dass heute weltweit immer noch 70% der unbezahlten Arbeit von Frauen verrichtet wird, während das Geld zu 90% durch männliche Geldtaschen fließt und Frauen 1% der Güter besitzen.

 

Gerade in Zeiten, in denen fehlende politische Antworten auf soziale Fragen Hand in Hand gehen mit einer Angst stilisierenden Medienlandschaft, die rechtem Gedankengut überproportional viel Raum schenkt, möchten die Bilder einladen, sich auf Konzepte zur Armutsbekämpfung zu besinnen, die längst in unseren Schubladen liegen und treten damit auch für den dauerhaften Erhalt des Friedens ein. 

 

Die Bilder wollen ein vitaler Rahmen bei gesellschaftspolitischen Veranstaltungen zum Thema sein, bzw. eine politische Positionierung bei Ausstellungen im künstlerischen Raum.

 

Ein Buch wird im Jahr 2020 erscheinen und bei einer Performance präsentiert werden, an der alle TänzerInnen des Projektes mitwirken.

 

 

 

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 10. Dezember 1948

 

Artikel 1

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen.

 

Artikel 25

1: Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen, sowie das Recht auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Witwertum, im Alter sowie anderweitigem Verlust seiner Unterhaltsmittel durch unverschuldete Umstände.

 

2: Mütter und Kinder haben Anspruch auf besondere Fürsorge und Unterstützung. Alle Kinder, eheliche wie außereheliche genießen den gleichen sozialen Schutz.

 

 

 Marianne Weiss & Maria Stern / April 2015